Was kann Textilrecycling wirklich leisten und was nicht?
Weltweit wird heute jährlich mehr als doppelt so viel Mode produziert wie noch im Jahr 2000. Niedrige Preise, häufigere Kollektionen und eine kurze Lebensdauer verschärfen die Belastung für die Umwelt.1 In einer Modeindustrie, die nachhaltiger werden muss, stellt sich die Frage: Was ist eigentlich der Stand der Dinge beim Recycling von Textilien?
Recycling verlängert das Leben von Textilien – theoretisch
Grundsätzlich hilft Recycling, die Modeindustrie nachhaltiger zu machen. Werden alte Textilien innerhalb eines Kreislaufs wiederverwertet, verlängert sich ihre Lebensdauer und die Ökobilanz verbessert sich. Die einfache Logik dahinter: Durch Recycling müssen weniger neue Materialien produziert werden und die Umwelt profitiert – zumindest theoretisch.2
Besonders gut schließt sich dieser Kreislauf bei hochwertigen Textilien, deren Qualität auch nach dem Recycling noch ausreichend ist. Tatsächlich aber ist Recycling in der Modebranche noch immer die Ausnahme. Lediglich circa ein Prozent der alten Textilien in Europa werden tatsächlich wieder zu neuer Kleidung verarbeitet.3
Fast Fashion kann oft nicht recycelt werden
Ein Problem: Ausrangierte Kleidungsstücke aus dem Fast-Fashion-Bereich können oft nicht recycelt werden. Das liegt vor allem an der minderwertigen Qualität ihrer synthetischen Fasern. Sie sind häufig nur für eine kurze Tragedauer konzipiert und überleben keinen zweiten Kreislauf. Im Recyclingverfahren werden die Fasern nämlich zusätzlich beansprucht und in ihrer Länge verkürzt. Viele Textilien sind also nicht belastbar genug, um am Ende erneut verwendet zu werden.4
Auch die Zusammensetzung von Textilien ist entscheidend für effizientes Recycling. Die Herausforderung: Häufig werden unterschiedlichen Materialien zu einem Stoff verwoben, der vor dem eigentlichen Recycling wieder in seine Bestandteile getrennt werden müsste. Sollen solche Textilien wieder getrennt werden, geht das nur mit hohem Energieaufwand oder mit chemischen Prozessen, die die Ökobilanz verschlechtern und das Recycling für Unternehmen unwirtschaftlich machen.5
Vom Kreislauf ist die Modebranche weit entfernt
Die Textilindustrie ist noch weit von einem echten Kreislaufsystem entfernt. Nur vereinzelte Kleidungsstücke werden wirklich recycelt. Viele Materialien sind zu kurzlebig, um sie erneut in die Modezyklen einzubinden und im Moment gibt es keine sinnvolle Technologie für echtes Recycling von Fast Fashion.
Was du beim Einkauf beachten kannst
Wer möglichst wenig kauft und Kleidung lange trägt, schont die Umwelt. Dabei können hochwertige Teile im ersten Lebenszyklus länger getragen und danach effizienter recycelt werden. Sie sind also in der Regel nachhaltiger. Ansonsten gilt: Wer Teile kauft, die aus nur einem Material bestehen, macht das Recycling am Ende einfacher. Noch umweltschonender als jedes Recycling ist aber, Mode konsequent bis zum Ende der Lebensdauer zu tragen. Getragene Kleidung zu tauschen oder Second-Hand zu kaufen, sollte also immer die erste Wahl sein.6
Quellen
1. Greenpeace e.V. (2017), Konsumkollaps durch Fast Fashion. https://www.greenpeace.de/publikationen/konsumkollaps-fast-fashion
2. Diekamp, K. & Koch, W. (2010), Eco Fashion. Top-Labels entdecken die Grüne Mode. München: Stiebner Verlag.
3. Clemens, A. (2022), Studie: Aus mindestens einem Fünftel des Textilabfalls könnte neue Kleidung werden: McKinsey and Company.
4. Lorenzen, N. (2022), Endstation lineare Wirtschaft. Wie Recycling uns vom Überfluss befreien soll. https://fashionchangers.de/endstation-lineare-wirtschaft-wie-recycling-uns-vom-ueberfluss-befreien-soll/
5. Scherer, K. (2023), https://www.deutschlandfunk.de/schwieriges-recycling-wie-die-textilindustrie-ihr-100.html
6. Braumüller, J., Jäckle, V., & Lorenzen, N. (2020), Fashion Changers. Knesebeck.